COVID-19

Wenn es zu einem massiven Anstieg von Corona-Patienten in den Intensivstationen kommt, werden nicht alle fachgerecht betreut werden können, warnt die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF) – nicht, weil es an Intensivbetten mangelt, sondern an qualifiziertem Fachpflegepersonal. Die DGF appelliert deshalb an die Bevölkerung: „Wir brauchen eure Unterstützung, wenn wir eine Eskalation auf deutschen Intensivstationen vermeiden wollen.“

Mit den steigenden Infektionszahlen nimmt auch die Zahl der COVID-19-Aufnahmen in den Intensivstationen zu. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern zwar deutlich mehr Intensivbetten – insgesamt gibt es laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) derzeit 40.000 Intensivbetten, davon 30.000 mit Beatmungsplätzen –, dennoch ist die Versorgung gefährdet. „Wir haben nicht genügend Fachpflegepersonal, wenn es zu einem massiven Anstieg von beatmeten COVID-19-Patienten kommt“, sagt Lothar Ullrich, 1. Vorsitzender der DGF. „Der Engpass ist nicht die Zahl der Betten, sondern das Personal. Wir werden keine 40.000 Intensivpatienten sicher versorgen können.“

Beatmete COVID-19-Patienten benötigen hochkompetentes Fachpflegepersonal

In vielen Kliniken wurden Medizinstudierende oder Pflegende aus anderen Bereichen in Kurzqualifikationen für den Einsatz im Intensivbereich vorbereitet. Sie können im Ernstfall aber nur bedingt unterstützen, sagt Ullrich. „Gerade beatmete COVID-19-Patienten sind extrem pflege- und betreuungsintensiv und erfordern hochkompetentes und erfahrenes Intensivpflegepersonal. Hilfs- und angelernte Kräfte können zwar das Fachpersonal entlasten, sie können jedoch keine Patienten eigenverantwortlich betreuen und auch keine Beatmungsgeräte bedienen.“

Menschen mit einem schweren Fall von COVID-19 entwickeln in der Regel ein akutes Lungenversagen, das mit Beatmung, Bauchlagerung und einer besonderen Überwachung und Pflege einhergeht. „Das ist sehr personal- und zeitintensiv. Um diese Menschen qualitativ hochwertig zu versorgen, braucht es im besten Fall eine 1:1-Betreuung.“ Die Realität sei aber eine andere: „Wenn die Situation eskaliert, wird eine hochqualifizierte Pflegefachperson 4 bis 6 Patienten versorgen müssen. Hier ist keine sichere Versorgung mehr gewährleistet“, sagt Ullrich.

Hinzu komme das erhöhte Risiko, dass die Pflegenden sich selbst infizieren. Laut dem Internationalen Verband der Pflegekräfte (ICN) entfallen rund 8 Prozent aller COVID-19-Fälle auf Beschäftigte des Gesundheitswesens. „Je mehr Pflegefachpersonen positiv getestet werden und in Quarantäne müssen, desto verheerender wird das Versorgungsproblem sein“, sagt Ullrich. „Ohne ausreichend Fachpflegepersonal helfen uns alle Intensivbetten und Beatmungskapazitäten der Welt nicht weiter.“

Zustände wie in Italien könnten auch hier Realität werden

Als Fachgesellschaft wendet sich die DGF an die Bevölkerung: „Wir haben das Virus noch lange nicht unter Kontrolle. Das übt immensen Druck auf die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen aus. Wir brauchen eure Unterstützung, wenn wir eine Eskalation auf den Intensivstationen vermeiden wollen“, appelliert Ullrich. „Jeder Einzelne kann seinen Teil dazu beitragen, indem er in der Öffentlichkeit eine Maske trägt, ausreichend Distanz einhält, sich regelmäßig die Hände wäscht und sich selbst isoliert, wenn er auch nur geringfügige Symptome hat. Bei einer massiv ansteigenden Anzahl von Intensivpatienten können Zustände, wie wir sie im März auf italienischen Intensivstationen erlebt haben, auch hier Realität werden. Das zu vermeiden, hat höchste Priorität und sollte im Interesse jedes Einzelnen sein.“

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