Der Westfale an sich - und auch die Westfälin - gilt ja als eher ruhig und genügsam. Da muss schon was zusammenkommen, bis ein westfälischer Kragen platzt. Im November letzten Jahres war es soweit: Mehrere Dutzend Intensivpflegende schickten einen Brandbrief an den Vorstand des Universitätsklinikums Münster.
Denn im vierten Quartal des Jahres fielen durch ein Verwaltungsmalheur plötzlich die unterstützenden Leiharbeitenden weg und die Belegschaft musste ausloten, wie viel Luft nach unten noch ist bei den eh schon seit langem als schlecht empfundenen Arbeitsbedingungen, insbesondere bei der Besetzung.
Der Brief zog seine Kreise, andere Bereiche zeigten sich solidarisch und die KollegInnen der Regelpflegestationen vernetzen sich und brachten ein eigenes Schreiben auf den Weg, das die Probleme aus ihrer Position klar benannte. Der Vorstand merkte bald, dass sein initialer Kontrakurs bei den Mitarbeitenden nicht verfing und auch noch schlechte Presse einbrachte und so gingen die leitenden Angestellten doch in den Dialog mit den leidenden Angestellten. Es wurden diverse Maßnahmen zur Verbesserung besprochen und versprochen. Der Vorstand bat sich hierbei etwas "Schonfrist" aus, denn selbstverständlich lassen sich selbst gute Ideen nicht von heute auf morgen umsetzen.
Hier und da wurden Betten gesperrt, OPs herunter gefahren und mit dem neuen Jahr gab's auch wieder einen Etat für Leiharbeitende. Und es wurde die modernste Allzweckwaffe gegen sämtliche Probleme der Welt eingesetzt: Eine App! Jawoll, eine App! Lücken im Dienstplan müssen nicht mehr durch mühsames Herbeitelefonieren aus dem Frei geschlossen werden. Mitarbeitende können die Lücken nun in einer App(!) sehen und proaktiv per Klick einspringen. Funktioniert im Prinzip wie die Selbstbedienungskassen im Rewe: Sieht aus wie Service, ist aber letztlich ein Abwälzen von Arbeit an den Kunden.
Nun, nach knapp einem Vierteljahr "Schonfrist" haben die Pflegenden selbst eine Online-Umfrage gestartet und die rund 300 teilnehmenden Pflegenden konstatieren: So richtig was passiert ist nichts.
Der WDR berichtet in der Sendung "Lokalzeit Münsterland" heute um 19:30 Uhr bzw. in der Mediathek, wie es weitergeht. Und es wird weitergehen, denn sie sind halt auch stur, der Westfale und die Westfälin.
WDR: Beschäftige beklagen Personalmangel an Uniklinik Münster
Update 16.03.2021: eine Woche nach dem Interview hat das UKM den Fachpfleger fristlos gekündigt >>