Bedeutung und Aufgaben für die Fachpflege

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Es kommt immer noch gerade in kleineren Krankenhäusern zu Unsicherheiten und Missverständnissen, wenn es um die Diagnose Hirntod geht. Diese Arbeit möchte eine kleine Hilfestellung für alle Kolleginnen und Kollegen geben, die erstmals hirntote Patienten und / oder Organspender betreuen.

Nach meiner bisherigen Erfahrung kommt es immer noch in Deutschland gerade in kleineren Krankenhäusern zu Unsicherheiten und Missverständnissen, wenn es um die Diagnose Hirntod geht.

Diese Fragen haben sich mir selber gestellt, als vor 2 Jahren nach langer Zeit die Diagnose Hirntod auf unserer Intensivstation gestellt worden war und über eine mögliche Organspende diskutiert wurde, die wir anschließend auch realisierten.

Sowohl der ärztliche Dienst als auch wir Pflegenden waren vor eine für uns völlig neue Herausforderung gestellt worden.

Mit dieser Arbeit möchte ich eine kleine Hilfestellung für alle Kollegen / Kolleginnen geben, die erstmals hirntote Patienten und / oder Organspender betreuen. Sie soll eine Informationssammlung darstellen, erhebt aber keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit.


Der Hirntod

Wann ist der Mensch tot?
Die Frage, wann der Mensch tot ist, ist wohl eine der schwierigsten Fragen der Neuzeit.
War es in der Vergangenheit so, dass der Mensch gestorben war, wenn er aufgehört hatte zu atmen und sein Kreislauf zum Erliegen gekommen war, so ist die Todesfeststellung im Zeitalter der modernen Intensivmedizin immer schwieriger geworden. Heute kann nahezu jedes Organ für einen mehr oder weniger langen Zeitraum künstlich ersetzt werden. Jedes, bis auf das Gehirn. Daraus ergibt sich die elementare Frage, was menschliches Leben ausmacht:
Ist es die Summe der Organe?
Oder ist das, was uns ausmacht, im Gehirn lokalisiert, ist also das "Ich", das Wesen des Menschen mehr als eine funktionierende biologische Einheit?

Das Sterben ist der letzte Abschnitt des Lebens.
Der sterbende Mensch ist ein lebender Mensch.
Es gibt nur einen Tod des Menschen.

Leben und Tod besagen Verschiedenes, je nachdem, ob von Lebewesen, Organen, Geweben oder Zellen die Rede ist. Das Lebewesen ist als Ganzheit mehr als die Summe seiner Körperfunktionen. Begrifflich bestimmen lässt sich der Tod des Menschen nur durch das Ende des Lebens. Der Mensch ist tot, wenn sein Wesensmerkmal, die einzigartige untrennbare individuelle körperlich-geistige Einheit unwiederbringlich zerstört ist (ANGSTWURM, 2000, 7-9).

Das Leben ist gekennzeichnet durch das Prinzip der Selbsterhaltung. Jede einzelne Zelle nimmt Nahrung auf, verstoffwechselt diese durch ihre Zellorgane und pflanzt sich fort. Die Selbsterhaltung besteht darin, dass sich diese Zellorgane in einem ständigen Kreislauf gegenseitig am Leben erhalten. Bei höher entwickelten Lebewesen schließen sich diese Zellen zu Organen zusammen, die sich innerhalb eines Organismus wiederum gegenseitig am Leben erhalten. Fällt eines dieser Organe aus und wird nicht schnell genug ersetzt, sterben unweigerlich alle anderen Organe ab, da sie die Aufgaben des ausgefallenen Organs nicht kompensieren können. Das Gehirn (welches komplexe Organ- und Körperfunktionen steuert) ist ein Organ und somit Teil dieser gegenseitigen Selbsterhaltung. Wenn es zugrunde geht, hat dies ebenfalls den Gesamttod des Organismus zur Folge.

Kompliziert wird es, weil das Absterben ein sehr langsamer Prozess ist. Die verschiedenen Zellen kommen unterschiedlich lange ohne Sauerstoff aus, somit stirbt der Organismus nicht als Ganzheit plötzlich, sondern schleichend.

Ebenso können durch die Intensivmedizin zunehmend mehr Körperfunktionen aufrechterhalten werden. Gelingt es bei einem Ausfall des Gehirns, die Funktion des Atemzentrums zu ersetzten und sind alle anderen Organe intakt, dann kann im biologisch-physiologischen Sinne der Organismus eines Menschen, für eine gewisse Zeit, weiterleben (ROTH, 2000, 11-12).

Definition der Bundesärztekammer

"Mit dem Hirntod ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt. Wird vom Arzt ein äußeres sicheres Zeichen des Todes festgestellt, so ist damit auch der Hirntod nachgewiesen." (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 95, 1998)

Somit stellt die Bundesärztekammer als höchste medizinische Instanz klar, dass mit dem Hirntod der offizielle Tod des Menschen eingetreten ist.

"Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstammes. Dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten." (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 95, 1998)

Hiermit werden zugleich alle früheren Spekulationen, die sich mit einem Teilhirntod - Konzept befasst haben, im Keim erstickt.

Die Bundesärztekammer hat nach §16 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes vom 1. Dezember 1997 die Aufgabe, den jeweiligen Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Feststellung des Todes sowie des nicht behebbaren Ausfalls des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstammes in Richtlinien festzustellen. Dies sind verpflichtende Entscheidungsgrundlagen.

Stellungnahme der Kirchen

Die beiden größten deutschen Kirchen haben 1990 in einer Gemeinsamen Erklärung ihrer jeweils höchsten Gremien, der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und des Rates der Evangelischen Kirchen Deutschland (EKD), Stellung zum Thema Hirntod und Organspende bezogen.

"...Der Hirntod bedeutet ebenso wie der Herztod den Tod des Menschen. Mit dem Hirntod fehlt dem Menschen die unersetzbare und nicht wieder zu erlangende körperliche Grundlage für sein geistiges Dasein in dieser Welt. Der unter allen Lebewesen einzigartige menschliche Geist ist körperlich ausschließlich an das Gehirn gebunden. Ein hirntoter Mensch kann nie mehr eine Beobachtung oder Wahrnehmung machen, verarbeiten und beantworten, nie mehr einen Gedanken fassen, verfolgen und äußern, nie mehr eine Gefühlsregung empfinden und zeigen, nie mehr irgendetwas entscheiden.

Nach dem Hirntod fehlt dem Menschen zugleich die integrierende Tätigkeit des Gehirns für die Lebensfähigkeit des Organismus: die Steuerung aller anderen Organe und die Zusammenfassung ihrer Tätigkeit zur übergeordneten Einheit des selbständigen Lebewesens, das mehr und etwas qualitativ anderes ist als eine bloße Summe seiner Teile. Hirntod bedeutet also etwas entscheidend anderes als nur eine bleibende Bewusstlosigkeit, die allein noch nicht den Tod des Menschen ausmacht..." (DBK, EKD, 1990)

Es wird klar ausgesagt, dass mit dem Hirntod der Tod des Menschen eintritt und das dieser aus religiöser Sichtweise zu akzeptieren ist.
Die Kirchen äußern sich zum Thema Organspende positiv:

"...Vom christlichen Verständnis des Todes und vom Glauben an die Auferstehung der Toten kann auch die Organspende von Toten gewürdigt werden. Dass das irdische Leben eines Menschen unumkehrbar zu Ende ist, wird mit der Feststellung des Hirntodes zweifelsfrei erwiesen.

Eine Rückkehr zum Leben ist dann auch durch ärztliche Kunst nicht mehr möglich. Wenn die unaufhebbare Trennung vom irdischen Leben eingetreten ist, können funktionsfähige Organe dem Leib entnommen und anderen schwerkranken Menschen eingepflanzt werden, um deren Leben zu retten und ihnen zur Gesundung oder Verbesserung der Lebensqualität zu helfen.

So verständlich es auch sein mag, dass mancherlei gefühlsmäßige Vorbehalte gegen die Entnahme von Organen eines Hirntoten bestehen, so wissen wir doch, dass bei unserem Tod mit unserem Leib auch unsere körperlichen Organe alsbald zunichte werden. Nicht an der Unversehrtheit des Leichnams hängt die Erwartung der Auferstehung der Toten und des ewigen Lebens, sondern der Glaube vertraut darauf, dass der gnädige Gott aus dem Tod zum Leben auferweckt. Die respektvolle Achtung vor Gottes Schöpferwirken gebietet freilich, dass der Leichnam des Toten mit Pietät behandelt und würdig bestattet wird.

Die Ehrfurcht vor den Toten ist eine Urform der Sittlichkeit. In allen Kulturen zeigt sich die Haltung zum Leben auch in der Pietät vor den Toten. Die Beerdigungsliturgie weist darauf hin: "Dein Leib war Gottes Tempel. Der Herr schenke dir ewige Freude." So wird in Ehrfurcht Gott zurückgegeben, was er gegeben hatte, und der Zuversicht Ausdruck verliehen, dass allein Gott die Quelle des Lebens ist.

Zugleich kann in der Organspende noch über den Tod hinaus etwas spürbar werden von der "größeren Liebe" (Joh 15,13), zu der Jesus seine Jünger auffordert..." (DBK, EKD, 1990)


 

 



Entstehung der Todesdiagnostik

Die Auseinandersetzung mit dem Wesen und der Erscheinungsform des Todes ist seid je her in der Menschheitsgeschichte in allen Kulturen von zentraler Bedeutung.
Die alten Ägypter lebten nach einem kardiozentrischen Weltbild, alle Organe bis auf das Herz wurden nach dem Tod entfernt und der Leichnam mittels Einbalsamierung konserviert.

Hippokrates (460 - ? v. Chr.) verkörperte eine frühe Blütezeit der Medizin im klassischen Griechenland. Einige seiner ethischen Grundsätze gelten noch heute. Einen besonderen Stellenwert besaß die Prognose einer Erkrankung. Wurde diese als infaust angesehen, wurde die ärztliche Tätigkeit beendet. Die Feststellung des Todes war dabei niemals ärztliche Aufgabe.

Platon (428 - 347 v. Chr.) sah in dem leiblichen Körper nur ein vorübergehendes Vehikel der unverwüstlichen Seele. Der Tod stellte nur eine Trennung von zeitweise verbundenen Elementen dar.

Aristoteles (384 - 322 n. Chr.) hingegen sagte, dass in der Person des Menschen der leibliche Körper und seine Seele integriert seien. Für ihn bedeutete der Herztod den Tod des Körpers und der Seele.

Galen von Pergamon (um 129 - ca. 199 n. Chr.) prägte in den folgenden eineinhalb Jahrtausenden entscheidend die Medizin. Er mythologisierte den Todesbegriff, indem er ihn mit Zuständen wie "Hysterie", "Asphyxie", "Koma" oder "Katalepsie" vermischte, ohne seiner Definition und Feststellung etwas Grundlegendes hinzuzufügen.

Bis in die Epoche der Aufklärung blieb die Feststellung des Todes vage; sie beschränkte sich, insbesondere in Kriegs- und Epidemiezeiten, auf einen mehr oder minder willkürlichen Ausschluss von "Lebenszeichen" wie Herzschlag, Atmung oder spontane Bewegung.

Mitte des 18. Jahrhunderts gelangen die ersten erfolgreichen mechanischen Wiederbelebungsversuche an Ertrunkenen, 1774 erfolgte die erste erfolgreiche Wiederbelebung mittels elektrischer Herzstimulation.
Gleichzeitig wurden elektrische Reizexperimente an Körpern und Gehirnen gerade Verstorbener möglich, diese zeigten als vermeintlichen Ausdruck "vitaler Kraft" postmortale Muskelzuckungen, womit das Dogma des Herzstillstandes als endgültiger Tod des Menschen in Frage gestellt wurde.

Die Angst vor einem lebendig begraben sein führte 1880 zu Erfindungen wie dem "Rettungsapparat für begrabene Scheintote".


594 Rettungswecker

Erst im 20. Jahrhundert wurde der Individualtod als irreversibler Stillstand von Kreislauf und Atmung definiert. Zugleich hat die Gerichtsmedizin die noch heute gültigen sicheren Todeszeichen (Totenflecken, Totenstarre und Fäulnis) festgelegt.


Ende der 1950er Jahre ist es mit der Entwicklung von Respiratoren möglich geworden, den Verlust der Fähigkeit zu atmen, längerfristig maschinell zu ersetzen. Mollaret und Goulon beschrieben 1959 erstmals einen Zustand "unterhalb des Komas", den sie "Coma depassé" nannten. Diese Patienten ließen trotz maschineller Beatmung und erhaltener Herztätigkeit keinerlei Lebenszeichen des Gehirnes erkennen. Der Zustand war irreversibel und führte zwangsläufig zum Herzstillstand. Im Laufe der Jahre tauchten immer mehr dieser Fälle auf. Es wurde die Frage gestellt, ob diese Patienten noch als lebend anzusehen waren und ob eine Weiterbehandlung noch einen Sinn ergäbe.

Das Ad Hoc Committee of the Harvard Medical School to Examine the Definition of Brain Death hat 1968 erstmals eine Beschreibung des Hirntod-kriteriums vorgelegt, in dem der Begriff "Coma depassé" präzisiert und mit dem Hirntod ein zusätzliches Todeskriterium eingeführt wurde.

Diese Definition gleicht bis auf wenige Ausnahmen bereits den heute gültigen verpflichtenden Entscheidungsgrundlagen zur Hirntoddiagnostik (SCHLAK, ROOSEN, 2001, 10-13).


 

Hirntoddiagnostik heute

Die Diagnose des Hirntodes ist gesetzlich klar und bundesweit einheitlich geregelt. Es gibt ein genaues und mehrfach abgesichertes Prozedere, das eingehalten werden muss. Ansonsten kann und darf die Diagnose nicht gestellt werden.

Voraussetzungen
Grundvoraussetzung ist der zweifelsfreie Nachweis einer schweren primären, d.h. direkten Hirnschädigung wie Blutungen, Tumore und schwere Schädel-Hirn-Verletzungen oder einer sekundären, d.h. indirekten Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel als Folge des Versagens anderer Organe wie Herz und Lunge (SCHLAK, ROOSEN, 2001, 28).

Patienten mit einer unklaren tiefen Bewusstlosigkeit dürfen bis zur zweifelsfreien Klärung der Ursache nicht einer Hirntoddiagnostik unterzogen werden.

Bei Patienten im Schockgeschehen, bei mutmaßlichen Vergiftungen, Unterkühlungen, Stoffwechselentgleisungen oder Vorbehandlung mit sedierenden Medikamenten muss mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass einer dieser Faktoren in reversibler Weise an einer Hirnschädigung beteiligt ist und somit die Hirntodfeststellung beeinflussen würde (SCHLAK, ROOSEN, 2001, 28).

Praktische Durchführung
Um einen eingetretenen Hirntod zweifelsfrei zu diagnostizieren und diesen auch zu dokumentieren, wird der Patient von zwei Ärzten untersucht. Diese müssen beide unabhängig von einem Transplantationsteam sein und mindestens einer von ihnen muss eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von schwerst- hirngeschädigten Patienten besitzen.

Im Rahmen der Hirntoddiagnostik wird als Erstes die tiefe Bewusstlosigkeit, das Koma des Patienten, durch gezieltes Ansprechen bzw. dem Setzen von Schmerzreizen geprüft. Weiter folgen die Überprüfungen des Ausfalls der Funktionen der Hirnreflexe:

Einige weitere Reflexe, die nicht direkt von der Funktion des Gehirns abhängig sind, können bei intensivmedizinischen Maßnahmen erhalten bleiben. Deren Auftreten ist aber kein Zeichen für eine, auch nur teilweise, erhaltene Funktion des Gehirns. Zu diesen Reflexen zählen der Bauchdeckenreflex, der Bizepssehnenreflex und/oder der Patellarsehnenreflex.

Ergänzende apparative Untersuchungen zur Hirntoddiagnostik sind ein EEG, das über einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten eine Nulllinie aufzeigt, eine zerebrale Angiographie, die einen zerebralen Zirkulationsstopp nachweist, die Transcranielle Doppler-Sonographie, bei der die einzelnen großen Hirnarterien bei einem Hirntod ein typisches Echo-Muster liefern, eine Hirnszintigraphie, die mittels injizierter Radioaktivität durchblutete und nicht mehr durchblutete Hirnareale aufzeigt, sowie die Ableitung evozierter Potentiale, bei der die Antwortpotentiale im Rahmen des Großhirns und des Hirnstamms auf elektrisch gesetzte Reize ausbleiben (SCHLAK, ROOSEN, 2001, 29-47).

Sämtliche Untersuchungsergebnisse werden in dem Hirntodprotokoll festgehalten, welches jeder der beiden untersuchenden Ärzte getrennt voneinander ausfüllt. Bei einer Übereinstimmung der beiden Protokolle ist damit der bestehende Hirntod diagnostiziert.


 

 



Hirntodprotokoll


Protokoll zur Feststellung des Hirntodes, DSO

Transplantationsgesetz (TPG)

Der Weg zum Transplantationsgesetz
Das Transplantationsgesetz (TPG) ist am 25.06.1997 im Deutschen Bundestag mit fraktionsübergreifender Mehrheit beschlossen worden und trat am 01.12.1997 in Kraft.
Es regelt die Spende und Entnahme menschlicher Organe, Organteile oder Gewebe zum Zwecke de r Übertragung auf einen anderen Menschen sowie die Vorbereitung und Durchführung dieser Maßnahmen und das Organhandelverbot. Es kommt nicht zur Anwendung bei Blut, Knochenmark und fetalen Organen und Geweben.
In einer Soll-Bestimmung werden vor allem die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung und die Krankenkassen dazu aufgefordert, die Bevölkerung über den Gesetzesinhalt aufzuklären und Organspendeausweise bereit zu halten.
Weiterhin verpflichtet es die Krankenhäuser, potentielle Spender an das zuständige Transplantationszentrum oder die DSO zu melden.
Die Todesfeststellung richtet sich laut TPG §3 nach den Richtlinien der Bundesärztekammer, die die "Regeln, die nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen" umsetzt (CONRAD, FEUERHACK, 2002, 64).

Im Folgenden möchte ich kurz und stichpunktartig einige Gesetzesentwürfe aufzeigen, die schließlich zum TPG geführt haben.


Die Organspende

Was nun folgt, widerspricht auf den ersten Blick den Berufsvorstellungen der Pflegekräfte und Ärzte.
Sollen sie doch eigentlich menschliches Leid lindern, Patienten in den Stunden ihrer größten Not zur Seite stehen, ihnen bei der Wiederherstellung ihrer Gesundheit helfen oder doch zumindest ein akzeptables, schmerzfreies Leben garantieren, so sollen sie nun einen Menschen / Patienten mit maximalem Aufwand therapieren, der bereits für tot erklärt worden ist.

Jetzt ist es nicht mehr das Ziel, diesem Menschen zu helfen, sondern mit allen nur erdenklichen Mitteln der modernen Intensivmedizin eine rein organprotektive Therapie zu praktizieren, die anderen, dem therapeutischem Team unbekannten Menschen, hilft.

Genau diese für viele Mitarbeiter missliche Situation ist es, die nach meiner Erfahrung die größten Gewissenskonflikte auslöst.

Hier ist noch viel Aufklärungsbedarf, die DSO und der Gesetzgeber sind gefordert weiterhin und noch stärker ihre Bemühungen diesbezüglich fortzusetzen.

Die DSO

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) unterstützt seit vielen Jahren die Entwicklung der Transplantationsmedizin durch ihr Engagement für die Organspende. Sie wurde am 7. Oktober 1984 vom Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. (KfH) in Neu-Isenburg gegründet und feierte 2004 ihr 20 - jähriges Bestehen.

Das Transplantationsgesetz sieht im §11 die Einrichtung einer Institution vor, die für die Vorbereitung und Durchführung der Organspende bundesweit die Verantwortung trägt.

Am 27. Juni 2000 hat die DSO die Funktion dieser Koordinierungsstelle übernommen. Ihre Aufgaben wurden durch einen Vertrag mit der Bundesärztekammer, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der deutschen Krankenhausgesellschaft festgelegt. Auf der Grundlage des Vertrages wurde Deutschland in sieben organisatorische Regionen für die Arbeit der DSO unterteilt. Die DSO wurde verpflichtet, die Verantwortung für den gesamten Organspendeprozess einschließlich des Transports zu übernehmen.

Die DSO stimmt die Zusammenarbeit zwischen den bundesweit etwa 1.400 Krankenhäusern und den rund 50 Transplantationszentren ab. Ausgenommen ist die Organvermittlung, die der Stiftung Eurotransplant im niederländischen Leiden übertragen wurde.

Seit der Gründung der DSO haben sich die Organspende- und Transplantationszahlen verdoppelt. Dennoch stehen nicht genügend Spenderorgane zur Verfügung, um den fast 12.000 Menschen auf der Warteliste - davon mehr als 9.500 Nierenpatientinnen und -patienten - die lebensnotwendige Transplantation zu ermöglichen.
Die DSO ist eine rechtsfähige Stiftung des Bürgerlichen Rechts. Die Finanzierung der DSO als Koordinierungsstelle ist durch ein Budget, welches die DSO mit den Krankenkassen verhandelt, sicher gestellt. Dieses richtet sich nach der Anzahl der transplantierten Organe.

Die DSO nimmt unter anderen folgenden Aufgaben wahr:
1. Sie will gemeinsam mit allen Partnern im Gesundheitswesen und in der Politik das Engagement für die Gemeinschaftsaufgabe Organspende fördern.
2. Sie setzt auf eine aktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Krankenhäusern und stellt den Organspendeprozess durch umfassende Unterstützungsangebote sicher.
3. Sie begleitet und entlastet das Krankenhauspersonal während der Organspende durch 24-stündige Bereitschaft und aktive Mitarbeit vor Ort durch den Transplantationskoordinator.
4. Sie respektiert den Willen und achtet die Würde des Verstorbenen und steht den Angehörigen zur Seite.
5. Sie fördert den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit in der Transplantationsmedizin und mit internationalen Partnerorganisationen.
6. Sie versucht durch aktive Öffentlichkeitsarbeit, die Bevölkerung über Organspende aufzuklären.

Eurotransplant

Die Stiftung Eurotransplant ist eine gemeinnützige Organisation, die sich als wichtigstes Ziel die Förderung der Organtransplantation gesetzt hat. Eurotransplant vermittelt und koordiniert den internationalen Austausch von Spenderorganen in einem Einzugsgebiet, in dem ca. 118 Millionen Menschen leben.

Aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Deutschland, Slowenien und Österreich nehmen Transplantationszentren und Gewebetypisierungslabors, sowie Krankenhäuser, in denen Organspenden stattfinden, an dieser internationalen Zusammenarbeit teil.

Eurotransplant wurde 1967 von Prof. Dr. van Rood gegründet und hatte die zentrale Registrierung der Patienten zum Ziel, die auf ein Spenderorgan warteten; dadurch sollte es besser möglich sein, eine optimale Übereinstimmung der Gewebeeigenschaften von Spender und Empfänger zu erreichen. Van Roods Vermutung war, dass sich damit die zukünftigen Transplantationsergebnisse wesentlich verbessern ließen. Daher ist bis heute eine der wichtigsten Aufgaben von Eurotransplant die Registrierung der Patienten, die sich für eine Transplantation eignen.

Derzeit sind über die mehr als 70 an Eurotransplant beteiligten Transplantationskliniken ca. 15.000 Patienten auf einer gemeinsamen Warteliste registriert. Eurotransplant befasste sich zunächst ausschließlich mit Nierentransplantationen, dehnte sein Arbeitsgebiet jedoch schon bald auch auf die Vermittlung von Lebertransplantationen aus. In der Folge wurde dies dann sowohl für Herz- und Pankreastransplantationen übernommen, als auch seit kurzem für Lungen-, und Zwölffingerdarmtransplantationen.


Pflege und Betreuung eines Organspenders

Im Folgenden möchte ich auf die praktische Durchführung der Versorgung von Organspendern auf der Intensivstation, in der Anästhesie und auf die anschließende Operation im Operationssaal eingehen.

Auf der Intensivstation

Wenn die Voraussetzungen zu einer Organspende gegeben sind, beginnt ein neuer Therapie- und Pflegeabschnitt auf der Intensivstation, bevor es zur Organentnahme im OP-Saal kommt.
Es vollzieht sich ein Wechsel von der zuvor durchgeführten zerebroprotektiven zu einer rein organerhaltenden Therapie. Die Behandlung hat nun einzig das Ziel, die Organe, die zur Explantation vorgesehen sind, bestmöglich zu erhalten (KLEIN, 2004, 61).

Pathophysiologische Veränderungen

Durch den Ausfall des zentralen Regulationsorgans Gehirn kommt es zu pathophysiologischen Veränderungen, die bei den Therapie- und Pflegemaßnahmen beachtet werden müssen.

Die häufigste Komplikation ist die katecholaminpflichtige Hypertonie.

Dies liegt in erster Linie an dem Ausfall des Sympathikustonus mit Vasodilatation der peripheren Gefäße. Aber auch ein Fehlen der zentralen Hormonsekretion (ADH und Kortison) und ein Volumenmangel infolge eines Diabetes insipidus zentralis können hierfür verantwortlich sein.

Die Therapie ist in den meisten Fällen eine Kombination aus Volumen-, Katecholamin und Hormontherapie.

Eine weitere Komplikation ist der besagte Diabetes insipidus zentralis, da im Hypothalamus und in der Hypophyse kein antidiuretisches Hormon (ADH) mehr produziert wird. Bei einer Diurese von über 5 ml/kg/h und einem spezifischem Gewicht von unter 1005 mg/l und wasserklarem Urin muss hieran gedacht werden.
Als Therapie ist hier die frühzeitige Gabe von Desmopressin (Minirin®) i.v. und Volumensubstitution zu empfehlen. Als sekundäre Komplikation des Diabetes insipidus kann es weiterhin zu einer Elektrolytentgleisung kommen. Die Hypokaliämie sollte durch zentralvenöse Substituion von Kalium, die Hypernatriämie durch G5%-Infusion behandelt werden.

Ebenfalls kann eine Hypothermie durch den Ausfall des Temperaturregulationszentrums auftreten. Wärmeverlust sollte durch die aktive Zufuhr von Wärme bekämpft werden.

Weiterhin wird häufig eine Hyperglykämie beobachtet. Die Gründe hierfür sind vielfältig - als Sekundärfolge der Hypothermie (Reduktion des Stoffwechsels, Verminderung der Insulinproduktion, Reduktion des Glukosemetabolisierungsrate), durch den Hirntod selbst (Stoffwechselreduktion) oder aber künstlich induziert im Rahmen des Volumenersatzes durch isotone Glukoselösung bei Hypernatriämie. Hier empfiehlt sich die bedarfsadaptierte Therapie mit einem Alt-Insulin-Perfusor zentralvenös (KLEIN, 2004, 61-63).

Überwachung von Organspendern

Neben den medizinischen Maßnahmen ist die Überwachung des Organspenders insbesondere im Hinblick auf Hämodynamik und Bilanzierung von entscheidender Bedeutung. Nur durch engmaschige Kontrollen der Vitalparameter und fortlaufende Bilanzierung können die beschriebenen pathophysiologischen Veränderungen erkannt werden, so dass rechzeitig darauf reagiert werden kann.

Zu einem optimalen Monitoring gehören:

Auffälligkeiten oder Veränderungen sollten möglichst sofort mit dem Arzt und / oder dem Koordinator besprochen werden, damit schnell gehandelt werden kann (KLEIN, 2004, 63-64).

Beatmungstherapie

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Beatmungstherapie bei dem Organspender. Zurzeit können nur rund 20% der zur Verfügung stehenden Lungen explantiert werden, da viele Patienten bei dem Akutereignis, welches letztlich zum Hirntod geführt hat, aspiriert haben.

Abgesehen davon werden Oxygenierungsprobleme auch in Folge von Pneumonien, Lungenkontusionen, Überwässerung, Atelektasen, Dyslektasen oder neurogenem Lungenödem beobachtet. Allerdings handelt es sich hierbei ebenso wie bei der Dauer der Beatmungstherapie nicht um eine absolute Kontraindikation zur Entnahme. Durch eine differenzierte Beatmungstherapie in Kombination mit einer konsequenten Lagerung lassen sich grenzwertige Organe für die Transplantation erhalten oder rekrutieren.

Vorzugsweise sollte ein druckkontrolliertes Beatmungsverfahren (z.B. BIPAP®) mit ausreichendem PEEP und einem möglichst niedrigem FiO2 gewählt werden. Ziel ist eine gute Oxygenierung der zur Explantation vorgesehenen Organe, einer altersentsprechenden BGA und ein möglichst physiologischer Säure - Basen - Haushalt (KLEIN, 2004, 64-65).

Überprüfung der Organfunktionen

Um die für eine Transplantation geeigneten Organe festzulegen, sind einige laborchemische Untersuchungen im Vorfeld notwendig. Welche Organe in Frage kommen, ist abhängig von den Vorerkrankungen des Spenders und von der Zustimmung, welche Organe entnommen werden dürfen.

Zu beachten ist, dass das Alter des Organspenders keine absolute Kontraindikation darstellt. Dies gilt insbesondere für Leber und Nieren.
Zu den apparativen Untersuchungen gehören:

Weiterhin müssen folgende Laborparameter untersucht werden:

Zur Vermittlung der Organe benötigt Eurotransplant außerdem:

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation organisiert die Gewebetypisierung in festgelegten regionalen Laboren. Die umfassende Diagnostik dient dazu, nur geeignete und funktionstüchtige Organe zu explantieren und ein Infektionsrisiko für den Empfänger zu minimieren (KLEIN, 2004, 64-65).


 

 



Pflege

Neben der Überwachung und der Therapie ist die pflegerische Versorgung des Organspenders von großer Bedeutung. Eine professionelle und würdevolle Betreuung zeigt, dass das Personal die Entscheidung zur Organspende und die darin ausgedrückte Menschlichkeit und Solidarität wertschätzt. Ein solcher Umgang kann auch dazu beitragen, dass die Angehörigen die Entscheidung zur Organspende als einen Moment erleben, der ihnen bei der Bewältigung der Trauer hilft.

Einigen pflegerischen Maßnahmen sollte besondere Beachtung geschenkt werden.

Für viele Pflegende steht die Tatsache, dass sie einen für tot erklärten Menschen pflegen und behandeln, ein großes Problem dar. Joachim Conrad und Maria Feuerhack haben 2002 in einer empirischen Studie gegenwärtige Einstellung von Pflegenden zur Transplantationsmedizin und zum Hirntod untersucht.

12 Pflegende mit einer Berufserfahrung zwischen 2 und 17 Jahren auf Intensivstation, im OP oder in der Anästhesie wurden anhand eines teilstrukturierten Interviews befragt. Weiter wurden 123 Pflegekräfte aus dem gleichen Bereich mittels eines Fragebogens befragt. Von ihnen besaßen zwei Drittel eine abgeschlossene Fachweiterbildung. Im Mittel waren sie 7 Jahre in ihrem Bereich tätig.
Auf die Frage: "Ist der Hirntod gleichbedeutend mit dem Tod des Menschen?" antworteten nur 62% der Befragten mit Ja, 34% verneinten diese Frage.

Folgende Aussagen spiegeln dies wider: "Hirntod-Diagnostik ist, soweit ich weiß, eindeutig. Wenn ich das ´black´ Gehirn sehe, das ist eindeutig, das ist nichts mehr lebensfähig. Hirntod heißt tot". "Was mich am meisten stört, ist wirklich, wenn die Patienten sich bewegen,… weil, wenn die Ärzte den Schnitt ansetzen, und dann bewegen sich die Patienten, dann sag´ ich mir halt, auch wenn das nur Reflexe sind, da ist noch irgendwas".

70% der Befragten hielten die diagnostischen Verfahren zur Feststellung des Hirntodes für ausreichend, 30% gaben Zweifel an.

Von 209 Nennungen sahen 11 den Hirntoten als Leiche an, 26 als Individuum, 32 als Person und 92 als Mensch. Für den Rest war es unverändert oder unklar.

Nach der einleitenden Frage, ob die Interviewten ihre Patienten nach der Diagnose Hirntod anders pflegten, verneinten dies zwei Drittel der Befragten. Sie votierten für zwei mögliche Schwerpunkte: 1) Die Grundbedürfnisse des Menschen werden uneingeschränkt weiterbeachtet oder 2) Die Organkonditionierung steht ganz im Vordergrund der Pflege. Aussagen hierzu: "Das ist für mich ein Patient wie jeder andere auch. Ich spreche mit dem wie mit jedem anderen auch, der wach ist oder im Koma liegt". " …Von der Pflege her ist das schon korrekt durchgeführt worden, aber alles auf den medizinischen Bereich reduziert. …"

79% sprachen sich für eine Organentnahme bei hirntoten Patienten aus, obwohl eingangs nur 62% der Meinung waren, dass der Hirntod gleichbedeutend mit dem Tod des Menschen sei. 25% hatten selber einen Spenderausweis. "Anfangs habe ich nie einen Effekt gesehen … Jetzt kenne ich jemanden privat und sehe, wie die … gut leben". "Ich habe lange Jahre als begeisterter Motorradfahrer einen Ausweis gehabt und erst, als ich auf der Intensivstation Kontakt hatte zu diesen Patienten und all das erlebt habe, habe ich ihn eigenhändig zerrissen".

38% der Befragten glauben, dass Hirntote noch Empfindungen haben. Weitere 8% waren sich nicht sicher. "Ein Restzweifel ist einfach da, ob das ethisch in Ordnung ist. … Mein Blick war auf das Medizinisch-Technische gerichtet … Ich hätte mich sonst damit auseinandersetzen müssen, dass er vielleicht doch noch was fühlt … und dann hätte das bedeutet, dass man dem nicht einfach die Organe entnehmen kann … Ihn als Organspender am Leben erhalten, das wäre mir dann unmöglich gewesen".
25% der Pflegenden engagierten sich bei der Konditionierung, 35% machen das nicht. Bei 40% war dies unklar.

Für 75% war klar, dass sie die Angehörigen mitbetreuen. "…für die [Ärzte] ist entscheidend die Zusage oder Nichtzusage. Alles andere ist mein Part, wie bei anderen Sachen auch". "…Beim ganzen gefühlsmäßigen Bereich und der Kommunikation mit den Angehörigen ist man auf sich allein gestellt". "Die Ärzte sagen, das ist mit dem Leben nicht vereinbar, so und so, - und das war´s für sie dann auch. Und dann muss man sich überlegen, was mache ich und so…"

Auf die Frage, ob die Betreuung hirntoter Patienten belastender sei als die anderer Patienten sagten 46% Ja. Dabei stand das teilweise sehr junge Alter der Patienten (Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) im Vordergrund, insbesondere wenn die Eltern mit am Bett standen. Die zeitintensive Konditionierung und eine eventuelle Mehrbelastung dadurch spielte eine eher untergeordnete Rolle, da Zeitmangel als ein generelles Problem der Intensivpflege angesehen wurde.
Gewonnene Erkenntnisse aus den Zusammenhängen der Einzelaussagen:


Im OP

Anästhesie-Personal

Die Beteiligung an einer Organentnahme konfrontiert den Anästhesisten und die Anästhesie-Pflegekraft mit ungewohnten Aufgaben. Sie betreuen eine Operation mit dem Ziel, die getroffene Entscheidung zur Organspende für schwerkranke Patienten umzusetzen. Das Anästhesieteam leistet dabei einen wichtigen Beitrag zum Transplantationserfolg, weil es die organprotektive Therapie, die auf der Intensivstation begonnen hat, bis zur Konservierung der Organe fortführt.

Während des Eingriffs ist eine Narkose zum Ausschalten des Bewusstseins und der Schmerzreaktion überflüssig, weil das primäre Zielorgan - das Gehirn und die betroffenen Rezeptoren - nachgewiesenermaßen irreversibel ausgefallen sind.

Periphere Rezeptoren im Rückenmark sind allerdings in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt und können zu Spontanbewegungen und zum Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz führen. Deshalb wird der Organspender zur Optimierung des chirurgischen Eingriffs sowie zur Vermeidung von spinalen Reflexen relaxiert und ein Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg mit entsprechenden Medikamenten behandelt.

Das Anästhesie-Team ist für die Beatmung, für die Hämodynamik und Homöostase während der Organentnahme verantwortlich. Bis zu dem Zeitpunkt, wo die Organe mit einer speziellen Lösung perfundiert werden, sichert es eine ausreichende Sauerstoffversorgung, eine optimale Herzkreislauffunktion und eine ausgeglichene Homöostase. Dazu ist eine adäquate Volumentherapie unter Berücksichtigung der Serumelektrolyte und der hämodynamischen Parameter notwendig. Daneben sind eine differenzierte Katecholamintherapie sowie eine der BGA angepassten Beatmung erforderlich.

Alle intraoperativen Maßnahmen erfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem Koordinator der DSO und den chirurgischen Teams.

Nachdem die Operateure die Präparation der Gefäße abgeschlossen haben und die Vorbereitungen für die Perfusion der Organe beendet sind, gibt die Anästhesie 300IE/kg/KG Heparin. Vor Beginn der aortalen Perfusion appliziert die Anästhesie in Absprache mit den Operateuren die mitgebrachten Vasodilatatoren zur Blockade des kälteinduzierten Vasospasmus. Darauf folgt der Kreislaufzusammenbruch. Mit der Perfusion der Organe durch gekühlte Konservierungslösung enden alle organprotektiven Therapiemaßnahmen einschließlich der Beatmung. In der Folge kommt es zu einer Bradycardie und schließlich zur Asystolie. Es empfiehlt sich daher, die Monitorfunktion zu deaktivieren.

Auf das Anästhesie-Team, das zum ersten Mal eine Explantation betreut, kann dieser Moment irritierend wirken. Allen Beteiligten muss aber bewusst sein, dass der eingetretene Tod des Patienten im Vorfeld der Organentnahme sicher diagnostiziert wurde. Mit der Asystolie beginnt lediglich der durch die Intensivtherapie verzögerte Absterbeprozess des Körpers.

Außer bei geplanter Lungenentnahme, wo die Beatmung bis zur Explantation der Lunge weitergeführt wird, endet nun die Tätigkeit der Anästhesie. Tubus und alle weiteren Zugänge werden nun entfernt.

Das Herz-Lungenteam verläst noch bei laufender OP den Saal, um schnell ins Transplantationszentrum zurückzukehren. Das Abdominalteam verschließt sorgsam alle Wunden und legt Verbände an ( SMIT, GABEL, 2002, 7.1-7.2).


 

 



OP-Personal

Das OP-Personal assistiert bei einem hochspezialisierten Eingriff. Ziel der Operation ist es, die Spenderorgane und deren Gefäßversorgung so zu entnehmen und zu konservieren, dass sie technisch einwandfrei und mit sofort einsetzender Funktion transplantiert werden können. Da dieser Eingriff nicht der betroffenen Person, sondern der Behandlung Dritter (der Empfänger) dient, kann der ungewohnte Ablauf der Operation für das Personal belastend sein.

Im Gegensatz zum üblichen Verlauf, bei dem der Patient nach Beendigung der Operation wieder auf die Station kommt, werden beim Organspender nach erfolgter Organexplantation alle Maßnahmen eingestellt. Die Organentnahme dauert maximal 4 bis 5 Stunden und findet häufig abends oder nachts statt.
Zur Assistenz sind eine Instrumentier-Kraft und ein Springer erforderlich. Regionale Operationsteams aus den Transplantationszentren entnehmen die Organe. Da diese Operateure häufig in fremden Häusern arbeiten, ist für sie die Kooperation mit wechselndem OP-Personal Routine. Eine Zusammenarbeit mit interessierten Chirurgen des Hauses wird immer begrüßt und bietet den Beteiligten eine Vertiefung anatomischer Kenntnisse und spezieller Techniken.

Die Vorbereitungen entsprechen denen eines großen abdominellen Eingriffs, etwa der elektiven Versorgung eines infrarenalen Bauchaortenaneurysmas.

Der Spender wird in Rückenlage mit abduzierten Armen gelagert. Die Abdeckung richtet sich nach dem Umfang der Organentnahme. Bei alleiniger Nierenexplantation wird das Abdomen für eine transperitoneale Nephrektomie in üblicher Weise desinfiziert und abgedeckt. Bei geplanter Leber-, Pankreas- und / oder thorakaler Organentnahme wird der Organspender vom Jugulum bis zur Symphyse desinfiziert.

Folgende Instrumente sind notwendig:

Spezielle Instrumente wie abdominale Sperrer, Thoraxspreizer und Sternummeißel werden vom Operationsteam mitgebracht. Sehr wichtig sind zwei leistungsstarke Sauger mit einer Gesamtkapazität von 20 Litern. Wenn möglich sollten 10 l Ringerlösung auf 10°C gekühlt bereitstehen.

Begonnen wird mit einer medianen Laparatomie, bei Bedarf zusätzlich mit einer medialen Sternotomie.

Als Erstes werden die distale Aorta abdominalis und die Aufzweigungen der Ateriae iliacae präpariert und angezügelt, um gegebenenfalls eine sofortige aortale Perfusion vorzunehmen. Die Vena cava inferior wird ebenfalls als Zugang für die Entlastung des venösen Systems bei der Organperfusion im Eintrittsbereich des kleinen Beckens angezügelt. Die weitergehende abdominelle Präparation ist davon abhängig, ob die Organe in-situ dargestellt werden sollen oder ob die viszeralen Organe en-bloc entnommen werden und deren Präparation erst nach erfolgter Perfusion ex-situ vorgenommen wird.
Die Vorbereitung und Durchführung der Perfusion übernimmt der Koordinator der DSO. Synchron werden die thorakalen und viszeralen Organe mit der gekühlten Konservierungslösung perfundiert.

Oberflächenkühlung und Perfusion bewirken eine schnelle Abkühlung des Organismus, was eine Funktionserhaltung der Organe für eine bestimmte Zeit unter Anoxie ermöglicht.
Nun werden zunächst die thorakalen Organe, dann Leber und Pankreas und am Ende beide Nieren entnommen. Für eine notwendige Gefäßrekonstruktion wird noch die distale Aorta mit ihrer Aufteilung der Iliacalgefäße sowie die distale Vena cava entnommen und separat verpackt den Transplantaten mitgegeben.

Milz und Mesenteriallymphknoten zur Gewebstypisierung werden abschließend entfernt.

Die Cornea-Entnahme wird nach Beendigung der Operation (gelegentlich auch erst in der Prosektur) vom Augenarzt durchgeführt, der die dafür erforderlichen Instrumente mitbringt. Nach dem Eingriff versorgt er die Augenhöhle mit speziellen Prothesen und verschließt die Augenlider. Eine Entstellung des Gesichtsbereichs ist dadurch ausgeschlossen.

Nach der Organentnahme werden Thorax und Abdomen verschlossen und mit Verbänden versehen. Dem Leichnam ist nicht anzusehen, dass ihm Organe entnommen wurden. Er kann, wenn es die Angehörigen wünschen, aufgebahrt werden ( SMIT, GABEL, 2002, 7.3-7.5).

Fazit

Die Studie von Maria Feuerhack und Joachim Conrad (s.o.) zeigt auf, das ein Informationsdefizit der Pflegekräfte dem größten Unsicherheitsfaktor im Umgang mit der Thematik darstellt. Erforderlich ist eine Aufnahme des Themas "Hirntod und Transplantationsmedizin" in den allgemeinen Ausbildungskanon, insbesondere sollte in der Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger / zur Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege darauf ausführlicher eingegangen werden.

Wie schwierig eine Positionierung ist sieht man auch an der langen und mühsamen Entwicklung zum Transplantationsgesetz.

Mit dieser Arbeit möchte ich Pflegenden auf Intensivstationen, in der Anästhesie und im Operationsdienst eine Informationssammlung zum Thema "Hirntod und Organspende" geben, um Stellung beziehen zu können und um Hilfen zu haben für die praktische klinische Arbeit.

"Es kann nicht das Ziel des Fortschritts sein das Los der Sterblichkeit abzuschaffen. An dieser oder jener Krankheit wird jeder von uns sterben. Unsere sterbliche Verfassung liegt auf uns mit einer Härte, aber auch Weisheit, denn ohne sie gäbe es nicht die ewig neue Verheißung der Frische, der Ursprünglichkeit und des Eifers der Jugend; noch gäbe es von jedem von uns den Antrieb, unsere Tage zu zählen und sie zählen zu machen. Bei all unserem Bestreben, der Sterblichkeit abzuringen, was wir können, sollen wir ihr Gewicht mit Geduld und Würde zu tragen wissen." (JONAS, 1987, 145)

Unabhängig davon, wie unsere private Meinung zur Thematik aussieht, so ist es doch geboten, dem hirntoten Patienten und dem Organspender mit gleichem Respekt, gleicher Würde und Profession zu begegnen wie allen anderen Patienten auch.


Quellennachweis

Angstwurm, H. in Firnkorn H. J.(Hrsg.), Hirntot als Todeskriterium (2000), Schattauer Verlag, Stuttgart, New York
Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 30, (1998)
Schlake H.P., Roosen K., Deutsche Stiftung Organtransplantation (Hrsg.), (2001), Der Hirntot als der Tot des Menschen
Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD, (1990), Bonn , Hannover
Klein K., Intensivmedizinische Betreuung eines Organspenders, Intensiv, 12 Jahrgang, (2004), Thieme
Feldkamp, A., (1998), Arbeitskreis Organspende (Hrsg.), Kein Weg zurück ... - Informationen zum Hirntod, Neu-Isenburg
http://www.dso.de, 12.06.2004, 13.30 Uhr
Conrad J., Feuerhack M. (Hrsg.), (2002), Hirntot Organtransplantation und Pflege, Mabuse-Verlag GmBH
Smit H., Gabel, D., (2002), Organspende - Eine gemeinsame Aufgabe, DSO (Hrsg.), Neu-Isenburg
Lütz M. in Firnkorn H. J.(Hrsg.), Hirntot als Todeskriterium (2000), Schattauer Verlag, Stuttgart, New York
Roth, G. in Firnkorn H. J.(Hrsg.), Hirntot als Todeskriterium (2000), Schattauer Verlag, Stuttgart, New York
http://www.eurotransplant.nl, 14.06.2004, 23.30 Uhr
Jonas, H., Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung, (1987), Insel Verlag, Frankfurt am Main