ein Beitrag zum sicheren Umgang mit vasoaktiven Substanzen während des Transports von Intensivpatienten

Alltägliche klinische Situation: Kritisch kranke und durch Katecholamine stabilisierte Patienten müssen von der Intensivstation zur Diagnostik oder aus dem OP befördert werden. Transporte wie diese beinhalten mindestens eine Umlagerung, die ihrerseits häufig mit einer unvermeidbaren Höhenänderung zwischen Patient und Equipment einhergeht.

Dass daraus besonders bei der oben genannten Klientel durch einfache physikalische Sachverhalte dramatische Blutdruckschwankungen resultieren können und tagtäglich auch resultieren, ist ein oft beobachtetes, jedoch in der Literatur selten erörtertes Problem.

Eine im Jahr 2001 von Kern et al. im British Journal of Anaesthesia veröffentlichte Untersuchung [1] hat eindrucksvoll die Auswirkungen der Höhenänderungen von Spritzenpumpen auf das applizierte Volumen dargestellt und soll auch an dieser Stelle das klinische Personal für die Problematik während des Umlagerns auf dem Patiententransport sensibilisieren.

Hämodynamische Instabilität bis hin zu Reanimationspflichtigkeit ist ein typischer Zwischenfall während des Patiententransports zwischen Operationssaal und Intensivstation, soweit Katecholamine oder andere vasoaktive Substanzen verabreicht werden. Das Anheben z.B. einer Adrenalin-Spritzenpumpe um 80 bis 100 cm im Rahmen der Umlagerung des Patienten vom OP-Tisch in das Bett kann zu einem dramatischen Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck und linksatrialem Druck führen.

Bereits 1996 haben Krauskopf et al. im Experiment gezeigt, dass Höhenveränderungen von Spritzenpumpen, wie sie während der Transportvorbereitung typisch sind, in Abhängigkeit von der Förderrate zu unbeabsichtigten Bolusgaben bzw. zu einer verzögerten Applikation führen.[2]

In der vorliegenden Veröffentlichung haben die Autoren konkret Messungen der Verzögerung der Applikation durch in der klinischen Praxis typische Höhenänderungen (Abb. 1) mit verschiedenen Spritzenpumpentypen sowie den Einfluss der Förderrate vorgenommen. Weiterhin wurde Mindestförderrate untersucht, bei der sich Veränderungen im applizierten Volumen vorherbestimmen lassen vorgenommen.

Methode

Aus ethischen Gründen wurde anstelle einer klinischen Studie ein laborexperimenteller Versuch mit einem geschlossenen System aus Glaskapillaren einschließlich eines Manometers zur Simulation des zentralvenösen Drucks durchgeführt (Abb. 2). Die Spritzen wurden mit gefärbter Flüssigkeit befüllt.

Die drei verschiedenen Pumpensysteme wurden eine Stunde vor Beginn der Messungen mit der Testeinrichtung verbunden und in den jeweils acht bis zehn Mal wiederholten Messreihen mit Förderraten von 1, 2, 3, 5 und 10 ml/h gestartet. Die Raten wurden während der einzelnen Messreihen nicht verändert.



Nachdem die gefärbte Flüssigkeit eine bestimmte Höhe in der Glaskapillare erreicht hatte, wurde die Spritzenpumpe um 80 cm (Höhenunterschied bei Erwachsenen) bzw. 130 cm (Höhenunterschied bei Neonaten; Fixierung am Inkubator) abgesenkt. Danach wurden die folgenden Parameter gemessen:

  • die Zeit des retrograden Flusses der Flüssigkeitssäule in das Infusionssystem
  • die Strecke des Rückflusses der Flüssigkeitssäule in das Infusionssystem
  • die Zeit ohne Bewegung der Flüssigkeitssäule sowie
  • die Zeit, in der die Flüssigkeit die Markierung erneut erreicht hat

Zusätzlich wurde aus den gemessenen Zeiten und eingestellten Förderraten das nicht applizierte Volumen errechnet (Abb 3).



Zur Ermittlung der Compliance der verschiedenen Spritzen- und Infusionssysteme wurden diese anschließend mit einem handelsüblichen Transducer mit einem Patientenmonitor verbunden.

 

Eingesetzt wurden 50ml fassende Spritzen und Pumpensysteme der Typen Injectomat-C (150 cm Leitung; Fa. Fresenuis, D-Oberursel), Ivac 770 (200 cm Leitung; Fa. Ivac, San Diego, USA) und Perfusor fm (150 cm Leitung; Fa. B.Braun, D-Melsungen).

Alle Spritzenpumpen stammten aus dem klinischen Gebrauch und waren entsprechend den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes gewartet.





Ergebnisse

Die Veränderung des Flussdruckes durch die Höhenänderung von 80 und 130 cm verzögerte die Applikation in Abhängigkeit von der Förderrate um 633 bis 23 Sekunden (Tab. 1). Bei allen drei getesteten Systemen konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Förderrate und dem Zeitraum der nicht effektiven Infusion festgestellt werden.

Aus den weiteren Ergebnissen wurden so die Mindestflussraten ermittelt, die mit einem infusionslosen Zeitfenster von 60 bzw. 120 Sekunden nach Höhenänderung einhergehen: bei der Veränderung um 80 cm beträgt diese Rate wenigstens 4,4 ml / h für 60 Sekunden bzw. 2,6 ml / h für 120 Sekunden ohne Medikation.
Bei einem Niveauunterschied von 130 cm führen Laufraten von mindestens 6,0 ml /h zu 60 Sekunden, bzw. 4,3 ml / h zu 120 Sekunden ohne effektive Infusion (Tab. 2)

Diskussion

Die Autoren haben eindrucksvoll aufgezeigt, dass der häufig unbedachte Umgang mit via Spritzenpumpe applizierten vasoaktiven Substanzen während des Patiententransports zu deutlichen Änderungen der verabreichten Dosis und somit zu hämodynamischen Entgleisungen führt. Besonders in der (neonatologischen) Kardiochirurgie kommt es häufig zu raschen Veränderungen der relativen Höhe zwischen Patient und Spritzenpumpe.

Die gemessenen Differenzen der getesteten Systeme sind wahrscheinlich auf die jeweils fabrikatabhängige Compliance bzw. die verschiedenen Längen der Leitungen zurück zu führen.

Insgesamt wurden relevante Minderinfusionen bei Laufraten unter 5 ml / h festgestellt, so dass die abschließende Empfehlung nur lauten kann, während des Patiententransports das Niveau der Spritzenpumpen möglichst nicht zu verändern.

Sollte dennoch eine Höhenveränderung unumgänglich sein, so raten die Autoren, die Dosierung so anzupassen, dass das Präparat mit einer Rate von mindestens 5 ml / h appliziert werden kann.

Ebenso ist die Verwendung von Infusionssystemen mit geringem Volumen und geringer Compliance für eine stabile Hämodynamik des zu transportierenden Intensivpatienten von Vorteil.

Literatur

1. Kern H, Kuring A, Redlich U, Döpfmer UR, Sims NM, Spiess CD, Kox JM. Downward movement of syringe pumps reduces syringe output. Br J Anaesth 86 (6): 821-31 (2001)
2. Krauskopf KH, Rauscher J, Brandt L. Influence of hydrostatic pressure on continuous application of cardiovascular drugs with syringe pumps. Anaesthesist 1996; 45: 449 - 52

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