Körpertemperatur und Anästhesie

Inhalt

5. Körpertemperatur und Anästhesie

Der Einfluss einer Anästhesie auf die Thermoregulation veranlasste Pickering bereits 1958 zu der Aussage: „The most effective means (of cooling a man) is to give an anaesthetic.

Die normale Temperaturregulation wird während der Narkose durch verschiedene Faktoren gestört. Es kommt zur Aufhebung von üblichen Verhaltensreaktionen, Dämpfung des Hypothalamus, Reduktion des Stoffwechsels und zu größerem thermischen Stress.

5.1. Allgemeinanästhesie

Durch eine Allgemeinanästhesie werden die Bedingungen auf beiden Seiten der Wärmebilanz verändert. Auf der Seite der Wärmeabgabe verursachen wir je nach Art und Dauer der Operation einen erhöhten Wärmeverlust aufgrund von Immobilität des Patienten, Klimatisierung des Operationssaales, Infusion kalter Lösungen und Eröffnung großer Körperhöhlen und das sind nur einige wenige Gründe.

Die aufgezählten Wärmeverluste allein würden nicht zum Absinken der Körpertemperatur führen, wenn kompensatorisch die Wärmeproduktion gesteigert werden könnte. Durch die Narkose wird aber auch die Wärmeproduktion reduziert.

Die so genannte thermische Neutralzone, innerhalb derer keine spezifischen thermoregulatorischen Reaktionen zur Erhaltung der Körpertemperatur eingesetzt werden müssen, liegt in einem Bereich von ca. 0,4°C. Durch eine Allgemeinnarkose wird dieser Bereich auf etwa 4°C erweitert.

Vasokonstriktion und zitterfreie Thermogenese sind die einzigen Reaktionsmöglichkeiten des anästhesierten, relaxierten und hypothermen Patienten. Der intraoperativ hypotherme Patient zeigt eine deutliche periphere Vasokonstriktion.

Die Vasokonstriktionsschwellen unterscheiden sich in Abhängigkeit von den verwendeten Anästhetika und deren verabreichten Dosis oder Konzentration.
Siehe auch nachfolgende Tabelle:

Anästhetikum
Verschiebung der Vasokonstriktionsschwelle in °C
Enfluran
- 2,0°C
Halothan
- 2,5°C
Lachgas/ Fentanyl
- 2,5°C
Isofluran
- 3,0°C ( bei 1% Isoflurankonzentration)
Lachgas (30%)
- 0,4°C – 1,0°C

Tabelle 3

Opiate verursachen in hohen Dosen eine Hypothermie. Opioide, Barbiturate und Neuroleptika haben zentrale und periphere Wirkungen mit der Tendenz, die Körpertemperatur zu senken. Aufgrund der Beeinträchtigung der zentralen Temperaturregulation werden Neuroleptika u.a. zur Dämpfung des Kältezitterns bei mäßiger Hypothermie eingesetzt.

Barbiturate bewirken über eine erhöhte Hautdurchblutung und daraus resultierender erhöhter radiativer Wärmeverluste einen Abfall der Temperatur. Die endogene Wärmeproduktion wird vermindert.

Durch Halothan wird die periphere Durchblutung infolge einer Ganglienblockade gesteigert. Außerdem werden zentrale thermoregulierende Strukturen unspezifisch unterdrückt.

Der typische zentrale Temperaturverlauf während einer Allgemeinanästhesie zeigt einen raschen Abfall der Körperkerntemperatur um ca. 0,5-1,5°C, der unmittelbar nach der Einleitung beginnt und in etwa eine Stunde anhält. Dies resultiert aus der zentralen Umverteilung des kühleren peripheren Blutes.

Im Anschluss an den ersten Temperatursturz stellt sich ein Plateau ein, während desen die Auskühlung etwa 0,2-0,5°C/ Stunde beträgt. Diese geringen Werte täuschen ein wenig, aber trotzdem wird auch in dieser Zeit kontinuierlich Wärme abgegeben.

5.2. Rückenmarksnahe Regionalanästhesie

Die Temperaturregulation über den Hypothalamus bleibt während einer Epidural- oder Spinalanästhesie erhalten. Der Temperaturabfall ist jedoch nicht weniger ausgeprägt als nach Applikation der bereits oben erwähnten Anästhetika; dieser Abfall der Temperatur kommt durch die ausgeprägte Vasodilatation im anästhesierten Gebiet zustande.

Durch die Techniken der Regionalanästhesie wird die periphere thermische Sensibilität zuerst der Wärme- und dann der Kälterezeptoren blockiert. Der Abfall der Kerntemperatur wird im vorderen Hypothalamus registriert. Im Ausbreitungsgebiet der Lokalanästhesie sind Zittern und Vasokonstriktion aufgehoben.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sowohl die Regionalanästhesie als auch die Leitungsanästhesie die Reaktionen des Patienten auf eine Unterkühlung durch Verhinderung der Vasokonstriktion, fehlendes Shivering und Einschränkung der endogenen Wärmeproduktion beeinträchtigen. [6]



6. Folgen der perioperativen Hypothermie

Eine intra- und postoperative Hypothermie wird häufig trotz vorhandener Überwachungsmöglichkeiten wegen unterlassener Plazierung einer Temperatursonde nicht erkannt.

Kritisch sind die Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System. Ab einer Temperatur von 32°C nimmt trotz Verschiebung des zirkulierenden Volumens in zentrale Kompartimente das HZV ab. Es ist bei einer Temperatur von 30°C um 30-40% vermindert (siehe Einleitung).

Die Löslichkeit von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut ist während einer Hypothermie erhöht, dadurch sind deren Partialdrücke erniedrigt und der PH-Wert steigt. Blutgasanalysen werden üblicherweise im Labor bei 37°C durchgeführt und müssen zur exakten Beurteilung des Gasaustausches auf die aktuelle Temperatur des Patienten korrigiert werden. Im ZNS führt der Abfall der Temperatur um 1°C zur Reduktion des zerebralen Blutflusses um 7% infolge vermindertem HZV, erhöhter Blutviskosität und erhöhtem zerebrovaskulären Widerstand.

Während experimenteller Hypothermie hat eine mäßige Hypothermie von 34°C einen hirnprotektiven Effekt. Unterhalb dieser Temperatur stehen jedoch die potentiellen kardiovaskulären Komplikationen dem möglichen protektiven Nutzen für den Patienten mit grenzwertiger zerebraler Oxygenierung entgegen. [12]

Ab 32°C ist eine Hyperglykämie infolge einer verminderten Insulinsekretion und einer beeinträchtigten Glucoseutilisation möglich.

Die neuromuskuläre Blockade wird durch eine Hypothermie verlängert. Die Muskelrelaxation mittels Pancuronium besteht länger wegen einer Reduktion der Metabolisierungsleistung in der Leber sowie der Eliminationsrate von Leber und Niere. Der Zerfall von Atracrium ist ebenfalls temperaturabhängig.

In der postoperativen Phase werden die Auswirkungen des Wärmeverlustes deutlich sichtbar. Folgende Komplikationsmöglichkeiten sind zu beachten:

• Shivering
• periphere Vasokonstriktion
• veränderte Pharmakawirkung und –elimination

Das thermoregulatorische Zittern beginnt unmittelbar nach der Extubation und bewirkt einen Anstieg der Sauerstoffzunahme auf etwa 400-600% der Ruheaufnahme.

Sowohl der Sauerstoffbedarf als auch die Kohlendioxidproduktion erfordern eine erhöhte Atemarbeit zu einem Zeitpunkt des beeinträchtigen Gasaustausches infolge von Medikamenten, partieller Obstruktion der oberen Luftwege, Schmerzen oder einer vorbestehenden Lungenerkrankung. In der Phase der erhöhten Wärmeproduktion kann eine periphere Vasokonstriktion als Mechanismus der Isolation u.a. auch die Ursache einer nicht erklärbaren und therapierefraktären Hypertension im Aufwachraum sein.

Dieser Zustand bleibt bis zum Erreichen der postoperativen Normothermie bestehen. Danach ist durch eine Umverteilung von Wärme das Auftreten einer relativen Hypovolämie möglich, die ohne schnelle Volumensubstitution zu erheblichen Blutdruckabfällen führen kann.

Besonders gefährdet sind Patienten mit eingeschränkter respiratorischer und kardialer Kompensationsfähigkeit. [17]

7. Möglichkeiten zur Vermeidung der perioperativen Hypothermie

Mit der Übernahme der Verantwortung für die vitalen Funktionen des Patienten sollten sowohl die Anästhesisten als auch die Operateure den durch den operativen Eingriff verursachten Temperaturverlust nach Möglichkeit gering halten.

Einige Möglichkeiten protektiver Maßnahmen zeigt folgende Abbildung:

  • Raumtemperatur?
  • Isolation
 
  • elektrische Heizmatten
  • Wassermatten
  • ösophagealer Wärmer
  • Wärmung von Spüllösung
 
Intraoperative Wärmeprotektion
 
     
  • Atemgasanfeuchtung
  • Atemgaserwärmung
 
  • Infusionerwärmung
  • konvektive Lufterwärmung

Abbildung 1


Die Wärmeverluste der Patienten ergeben sich hauptsächlich aus der Klimatisierung von Operationssälen, Größe der chirurgischen Wundfläche, der Beatmung mit kalten, trockenen Narkosegasen sowie der Applikation kalter Infusionen und Transfusionen.

Der rasche Temperaturabfall von 0,5-1,5°C, der unmittelbar nach der Einleitung auftritt, ist schwer zu vermeiden, da er aus der zentralen Umverteilung von kühlem peripherem Blut resultiert.

Obwohl man zwischen aktiver und passiver Wärmung unterscheidet, sind die am meisten verbreiteten Methoden der Temperaturkonditionierung funktionell passiv. Die Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur soll dabei primär durch die Zurückhaltung metabolischer Wärme erreicht werden. Schwieriger ist die aktive Wärmezufuhr zum Patienten mittels Wärmematten oder anderen Hilfsmitteln, ohne z.B. thermische Schäden zu verursachen, da zwischen Patient und Gerät ein deutlicher Temperaturgradient erforderlich ist.

Die OP-Saal Temperatur ist ein bedeutender Faktor, der den Wärmeverlust bestimmt, da der größte Teil der metabolischen Wärme durch Radiation und Konvektion über die Haut und die chirurgische Wundfläche verloren geht. Somit ist die Erhöhung der Raumtemperatur eine gute Möglichkeit zur Reduktion des Wärmeverlustes.

Elektrische Heizmatten als OP-Tischunterlage werden seit längerer Zeit zur Erhaltung der Normothermie verwendet. Außerdem ist die Anwendung von Wärmedecken möglich.

Die Positionierung einer Wärmedecke über dem Patienten ist in jedem Fall günstiger als eine Heizunterlage, denn es geht mehr Wärme mittels Radiation und Konvektion über die Haut verloren, als durch Konduktion über die Unterlage. Allerdings gibt es bei der Positionierung einer Wärmedecke des öfteren Probleme mit dem Operateur, da dieser sich durch die „aufgeplusterte“ Decke gestört fühlt, man öfters im OP-Gebiet landet, die OP- Schwester Angst um ihre Instrumente hat und man bei größeren Bauchoperationen nur sehr wenig Körperoberfläche wärmen kann.

Die Wärmeverluste über den Respirationstrakt sind weniger ausgeprägt. Die Erwärmung und Befeuchtung von Atemgasen erreicht man einerseits durch Einschaltung aktiver Wärme- und Befeuchtungssysteme in das Narkosekreissystem, andererseits durch die Verwendung von Klimatisierungsfiltern oder die Durchführung von Low Flow Anästhesien. Durch die Atemgasklimatisierung kann ca. 20% der metabolischen Wärme konserviert werden.

Temperaturverluste durch kalte Infusionslösungen sind bei Zufuhr großer Flüssigkeitsmengen zu erwarten. Lösungen, bei Raumtemperatur gegeben, müssen im Körper auf 37°C erwärmt werden. Bereits die Gabe von 3500ml Infusionen, die eine Temperatur von 20°C haben, würde die Temperatur eines 70 kg schweren Patienten um 1°C senken. Der Erfolg bei der Verwendung vorgewärmter Infusionen und Transfusionen ist sehr unterschiedlich.

Die applizierte Lösung kühlt bei niedriger Raumtemperatur und Infusionsgeschwindigkeit sowie mit zunehmender Länge des Infusions-/ Transfusionssystems wieder ab. Deshalb können günstige Effekte nur durch den Einsatz von Blut- und Infusionswärmern zu erreichen sein.

Schwierig wird es, wenn wenig Körperoberfläche isoliert werden kann und zusätzlich größere Wärmweverluste durch Evaporation auftreten. In solchen Situationen kann nur eine aktive Wärmezufuhr über die verbliebene Oberfläche Erfolg bringen. Mit der Methode der konvektiven Lufterwärmung wird dem Patienten intraoperativ ein angewärmter Luftstrom über eine Oberkörper- oder Unterkörperdecke zugeführt. Dabei werden ca. 30-40% der Körperoberfläche von der Warmluft umströmt.







8. Unterstützende Maßnahmen

Die Normothermie lässt sich in den meisten Fällen nur durch eine Kombination verschiedener wärmeprotektiver und aktiv erwärmende Maßnahmen erreichen.

33% der Körperoberfläche haben Kontakt mit dem OP Tisch, 66% sind der Raumluft zugewandt. Daher ist eine gute Isolation vor äußerem Wärmeabstrom durch Abdeckung der Haut die einfachste und auch kosteneffektivste Methode, den Wärmeverlust zu verringern. Ein spezielles Patientenbekleidungssystem für den OP („Intensivoverall“) bietet gegenüber dem konventionellem Baumwoll-OP-Hemd deutliche Vorteile. Der Patient fühlt sich bedeutend wohler in diesem Hemd. Da er sich nicht mehr ganz so entblößt vorkommt und er gut darin gewärmt wird, fühlt er sich auch im Ganzen wohler.

Der durch Hypothermie induzierte Tremor ist nicht nur äußerst unangenehm im subjektiven Erleben des Patienten, sondern auch eine extrem belastende und auch unter Umständen vital bedrohliche Situation für den gesamten Organismus. Eine aktive intraoperative Wärmezufuhr kann das Shivering zwar nicht vermeiden, wohl aber deutlich verkürzen.

Unbestritten bleibt die subjektive Wahrnehmung jedes einzelnen Patienten; eine Verbesserung des Wohlbefindens kann durch die Anwendung wärmeapplizierender Systeme erreicht werden und sollte schon so früh wie möglich begonnen werden.

Durch die Unterbrechung des thermogenetischen Kältezitterns wird aber die Wiedererwärmungsphase verlängert, so dass gleichzeitig Maßnahmen zur aktiven Erwärmung notwendig werden.

Subjektive Mißempfindungen wie Schmerz, Übelkeit, Durst, Kälte und Zittern werden eher und intensiver wahrgenommen:
Ich habe mich zu Tode gefroren“ oder „Am schlimmsten war das Zittern, ich konnte nichts machen und es hörte nicht auf!“ sind nur einige Beispiele von Patienten.
Die Einschätzung der Pflegequalität durch den Patienten orientiert sich meist mehr an dem wahrgenommenen Ausschnitt der Pflegemaßnahmen als an den tatsächlich geleisteten Pflegequalitäten. [21]

Das subjektive Temperaturempfinden wird vorrangig über die Hauttemperatur, nicht so sehr über die Kerntemperatur definiert. Gerade die Fußsohlen und Handinnenflächen sind durch die große Rezeptordichte besonders sensibel. Wärme wird an diesen Stellen besonders intensiv wahrgenommen.

Warmluftdecken vermitteln über die peripheren Temperaturrezeptoren ein höheres Temperaturgefühl, als die tatsächliche Kerntemperatur ist. Sie werden deswegen vom aufwachenden Patienten mit sehr großer Akzeptanz angenommen. Lokale Erwärmung führt über eine Erhöhung der Haut- und Gewebstemperatur zu einer Analgesie und Sedierung, über Axonreflexe zu einer Durchblutungssteigerung mit erhöhtem Gewebsstoffwechsel sowie zu einer Tonusminderung der Muskulatur und zur allgemeinen Entspannung.

9. Maßnahmen zur Erwärmung

Es gibt sehr viele verschiedene Möglichkeiten der Erwärmung, die alle Vor- und Nachteile haben.

• OP-Saal Temperatur:
Verschiedene Untersuchungen bestätigen den Einfluss der Raumtemperatur auf die Temperatur des Patienten. Die Raumtemperatur ist ein wichtiger Faktor, der die Temperatur während der Narkose beeinflusst. Die Darstellung der Problematik ist wichtig, da man einerseits dem OP-Personal eine angenehm „kühle“ Atmosphäre bieten möchte, aber auch andererseits die Patienten schön wärmen möchte.

Unabhängig vom Alter des Patienten und der Art der Operation und der ausgewählten Anästhesieform, sollte der Patient bei einer Raumtemperatur von 24-26°C normotherm bleiben. Holdcroft und Hall beobachteten während eines hüftchirurgischen Eingriffes, dass die Körpertemperatur auf 35°C absank, bei einer OP-Saal Temperatur von exakt 24°C.
Morris zeigt einen Abfall der im Ösophagus gemessenen Temperatur unter 36°C bei anästhesierten Erwachsenen bei einer Raumtemperatur von 21°C. In einer Umgebung von 24°C und mehr bleiben Patienten doch meist normotherm. Jedoch werden solche Temperaturen von den Chirurgen und dem OP-Personal nur bei kinderchirurgischen Eingriffen toleriert. In OP-Sälen mit starker Luftumwälzung (Sterilboxe, Laminar-Air-Flow) sind die Temperaturverluste mindestens doppelt so hoch, wenn nicht sogar noch höher.

• Isolation mit Decken und Tüchern:
Die Patienten werden in manchen Operationssälen und Aufwachräumen mit angewärmten Baumwolltüchern zugedeckt. Dadurch wird die Wärmeperzeption erhöht und die Wärmeabgabe über die Haut reduziert. Jedoch ist die Wärmekapazität dieser Baumwolltücher nur sehr gering und die Baumwolle ist ungeeignet, die Wärme auf den Patienten zu übertragen. Zudem geht die Wärme innerhalb von 15 Minuten verloren, so dass die Tücher eigentlich viertelstündlich gewechselt werden müssten. Aber dafür ist keine Zeit und wenn der Patient erst einmal steril abgedeckt ist, besteht auch gar nicht mehr die Möglichkeit, das Tuch zu wechseln.

• Elektrische Heizmatten/Wassermatten:
Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird in der Literatur sehr stark diskutiert. Laut dieser Angaben sind sie besonders gut geeignet für Operationen in der Peripherie oder in der „Kopfklinik“. Allerdings bieten diese Arten von Systemen auch einige Risiken für den Patienten, da z.B. das Gewebe durch das Gewicht komprimiert und dadurch geringer perfundiert wird. Außerdem ist die Gefahr einer Verbrennung doch enorm hoch, so dass man den Einsatz dieser Methode doch sehr genau überlegen sollte.

• Aktive Anwärmung und Befeuchtung der Atemgase:
Die Atemgaskonditionierung während einer Anästhesie bietet außer dem Beitrag zur Aufrechterhaltung der Normothermie noch einige andere Vorteile. Die Inhalation befeuchteter und erwärmter Gase verhütet Schäden am tracheobronchialen Zilienepithel. Der physiologische Mukusfluss wird erhalten, der Sekretfluss gefördert und somit auch eine Verstopfung des Tubus durch Sekreteindickung und Borkenbildung verhindert. [12] Die Erwärmung und Anfeuchtung des Inspirationsgases ist auch bedeutsam für den Patienten mit bronchospastischen Atemwegserkrankungen. Stone wies nach, dass die Körpertemperatur der meisten Patienten durch Anwärmung und Befeuchtung der Atemgase auf 37°C und 100% relative Luftfeuchtigkeit aufrechterhalten werden kann. Vorteil hierbei ist einfach, dass es eine sehr effektive Möglichkeit ist, um den Patienten normotherm zu halten, man behindert den Operateur in keinster Weise und diese Art der Erwärmung ist auch zur Wiedererwärmung hypothermer Patienten einsetzbar.

• Anwärmung von Infusionen und Blutkonserven:
Der Erfolg bei der Vermeidung intraoperativer Hypothermie durch die Gabe von vorgewärmten Infusionen ist differenziert zu betrachten. Um für den Patienten einen Wärmegewinn durch die Infusionsvorwärmung zu erzielen, muss die vorgewärmte Infusionslösung mit maximaler Geschwindigkeit zugeführt werden. Bei niedriger Raumtemperatur und niedriger Flussrate sowie mit zunehmender Länge des unisolierten Infusionssystems kühlt die Infusionslösung wieder ab.

• Ösophagus-Wärmetauscher:
Mit dem Ziel Wärme in eine gut durchbluteten Raum zu bringen, wurde ein wasserdurchströmter Ösophagus-Wärmetauscher entwickelt. Diese Methode ist aber recht invasiv und die Anwendbarkeit ist auf die Allgemeinanästhesie beschränkt. Kulkarni (1993) konnte nur eine geringe Effektivität bei der intraoperativen Wärmekonservierung durch Anwendung dieses Wärmetauschers feststellen. Zudem wurde auch noch ein bedeutendes Risiko beschrieben, nämlich die Gefahr, dass Wasser aus dem Wärmetauscher auslaufen und somit thermische Schäden im Ösophagus verursachen kann.

• Prämedikation mit Nifedipin:
Nifedipin ist eigentlich als Calcium-Antagonist und arterieller Vasodilatator bekannt. Vassilieff untersuchte 1994 den Effekt der Nifedipin Behandlung auf die intraoperative Abnahme der Körpertemperatur: „Ausgangspunkt der Überlegung war, daß Nifedipininduzierte Vasodilatation vor einer Narkoseeinleitung zur Abnahme des Temperaturgradienten zwischen Körperkern und Peripherie führen würde und somit ein Ausmaß der Redistributionshypothermie eingeschränkt werden könnte. Die Patienten der Nifedipin Gruppe bekamen 20mg Nifedipin oral 12 Stunden präoperativ und 10mg Nifedipin sublingual 1,5 Stunden vor der Operation. In der Behandlungsgruppe trat in der ersten Stunde nach Narkoseinduktion ein Temperaturabfall um 0,8°C auf. Im Gegensatz dazu fiel in einer unbehandelten Kontrollgruppe die Temperatur um 1,7°C ab. Außerdem wurde nachgewiesen, daß Nifedipin unmittelbar vor Narkoseeinleitung gegeben, die Redistributionshypothermie eher noch verschlimmert. Diese Patienten zeigten in der ersten Stunde der Narkose einen Temperaturabfall um 2°C.

• Warmluftmatten:
Hierbei wird erwärmte Luft über eine sehr dünne Decke dem Patienten zugeführt. Die Wärme ist regulierbar und die Decken gibt es in verschiedenen Formaten. Einmal für den ganzen Körper und auch als halbe Decke für die obere Körperhälfte. Dieses scheint die gängigste Methode der Patientenerwärmung im OP zu sein, da sie einfach anzuwenden ist und auch noch im Aufwachraum, auf der Intensivstation oder aber auch auf der peripheren Station weitergeführt werden kann.


Demzufolge ist es für den Erfolg aller wärmeprotektiver Maßnahmen wichtig, die medikamentöse Vorbehandlung der Patienten sowie die zur Anästhesie verabreichten Medikamente in der Gesamtheit der Betrachtungen einzubeziehen.
Früher mussten viele Patienten aufgrund einer Hypothermie nachbeatmet werden. Da es mittlerweile so viele verschiedene Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung einer Normothermie gibt, muss ein Patient nur noch äußerst selten wegen der Hypothermie nachbeatmet werden.

Die oben aufgeführten Möglichkeiten zur Erwärmung und Vermeidung einer Hypothermie sind nur einige. Die Vielzahl der Möglichkeiten ist enorm und jedes Jahr kommen wieder verschiedene Möglichkeiten hinzu. Allerdings gibt es bis heute keine Patentlösung, da alle Möglichkeiten ihre Vorteile aber auch Nachteile haben. Die einen sind billig, aber nicht so effektiv, die anderen sind dagegen sehr gut, dafür dann aber nicht bezahlbar.


10. Resümee

Am Anfang hatte ich doch etwas Respekt vor diesem Thema und wusste nicht so recht, wie und wo ich anfangen sollte. Nachdem ich dann aber von meiner Kollegin so manche Unterlagen bekommen hatte, wurde mir die Komplexität dieses Themas erst so richtig bewusst.

Mir ist mit dieser Arbeit erst so richtig klar geworden, welche große Folgen eine Hypothermie mit sich bringt.

Außerdem glaube ich, dass in jeder Anästhesieabteilung an diesem Thema noch gearbeitet werden muss, weil dort vieles als gegeben hingenommen oder einfach als unvermeidbar hingestellt wird.

Dass eine Hypothermie nicht immer vermieden werden kann, ist auch mir bewusst, aber dennoch muss nicht jeder Patient hypotherm werden.

Bei uns in der Anästhesie bekommt jeder Patient angewärmte Infusionslösungen. Ebenso erhalten die Patienten ein Baumwolltuch und im OP-Saal eine Wärmedecke.

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