Diagnostik und Therapie

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Pathophysiologie & Diagnostik

Die Pathophysiologie des ALCOS ist charakterisiert durch eine akute kritische Erniedrigung des HZV. Die Minderversorgung des Organismus mit Sauerstoff wirdzunächst zu einer kompensatorischen Erhöhung der Vorlast (Frank-Starling-Mechanismus) führen. Es kommt zur Wasser- und Natriumretention und zu einer Konstriktion der venösen Kapazitätsgefäße. Zur Aufrechterhaltung einesausreichenden Perfusionsdruckes wird es außerdem auf Kosten des Herzzeitvolumens zu einer Gegenregulation im Sinne einer Erhöhung des Sympathikotonus kommen, die eine Erhöhung der Herzfrequenz und des peripherarteriellen Widerstandes bewirkt.

Dadurch kommt es zu einer Zentralisation des Kreislaufs. Die Patienten sind peripher kalt. In dieser Situation wird die Bioaktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, des Vasopressins und des Endothelin-1 als zusätzlicher Volumenretentions- und Vasokonstriktionssysteme akut erhöht.[5] Eine chronische Aktivierung dieser neuroendokrinen Achsen kann aber zu einer Herunterregulation der Rezeptorsysteme führen, was bei chronisch herzinsuffizienten Patienten eine abgeschwächte Antwort auf weitere Kompensationsversuche über diese Mechanismen zur Folge hat. Ein in den vergangenen Jahren intensiv untersuchtes Regulationssystem ist das der natriuretischen Peptide, deren biologische Wirkungen eine Natriurese und Diurese sowie eine Vasodilatation sind. Damit wirken die natriuretischen Peptide antagonistisch zum Sympathikus und zu den angesprochenen humoralen Achsen.[6]

Die fortgesetzte Minderperfusion des Organismus mit protrahierter Hypotension wird auch die Perfusion des Myokards einschränken, die myokardiale Kontraktilität so weiter beeinträchtigen und die Erholung der Myokardfunktion unter diesen Bedingungen unter Umständen unmöglich machen. Die hypodyname Kreislaufsituation wird das ALCOS also perpetuieren und sogar beschleunigen. Nur eine Durchbrechung dieses Kreislaufes bietet die Möglichkeit, eine Unumkehrbarkeit des Herzversagens durch strukturelle Schäden auf dem Boden einer protrahierten myokardialen Ischämie zu verhindern. Diese Überlegungen gelten natürlich insbesondere für Patienten mit kompromittierter Koronarreserve, wie sie bei einer diffusen KHK oder einem hypertrophierten Myokard vorliegen, spielen aber auch bei nicht-ischämischen Ursachen des ALCOS eine wichtige Rolle, weil auch bei intaktem koronaren Gefäßsystem eine Myokardischämie allein durch einen kritisch reduzierten koronaren Perfusionsdruck auftreten kann.


 

 



Es wird bei nicht ausreichender Deckung des globalen Sauerstoffbedarfs zu einer Minderperfusion der Nieren, des Gastrointestinaltraktes, des ZNS, der Lunge und aller anderen peripheren Organe und Gewebe kommen. Wird der Zustand nicht alsbald korrigiert, resultiert infolge des ALCOS ein Einzel- oder Multiorganversagen, wobei die Oligurie (<0,5 ml/kgKG Urinproduktion/h) das häufig führende Nierenversagen ankündigt. In der Tat werden bei Patienten mit akuter dekompensierter Herzinsuffizienz erhöhte Endotoxin-Plasmaspiegel gemessen, die auf eine Minderperfusion des Dickdarms zurückgeführt werden können. Als neurologische Symptome sind vor allem Bewusstseinseintrübungen und Verwirrtheit zu nennen. [3,7]

In den Fällen, in denen für eine Flüssigkeitsretention zur Erhöhung der Vorlast ausreichend Zeit bleibt, also vor allem bei chronischer, nun akut exazerbierender Herzinsuffizienz, kann bei entsprechendem Volumenstatus ein Rückwärtsversagen hinzu treten und ein kardiales Lungenödem auf dem Boden der erhöhten enddiastolischen linksventrikulären Füllungsdrücke entstehen. Die damit assoziierten Oxygenierungsprobleme werden akut eine weitere Verschlechterung der
Sauerstoffbilanz nach sich ziehen. Setzt sich die Stauung durch den rechten Ventrikel hindurch fort, oder liegt dem ALCOS ein führendes Rechtsherzversagen zugrunde, kann bereits eine Stauung des gesamten Körperkreislaufes mit GI-Trakt und ZNS als betroffenen Organen vorliegen und zu entsprechenden Organversagen führen.

Acute Low Cardiac Output Syndrome - ALCOS in der Intensivmedizin

4. Diagnostik

Beim Patienten im ALCOS bleibt aufgrund des akuten Verlaufes nicht viel Zeit für Diagnostik. Diagnostische und therapeutische Maßnahmen werden in der Regel parallel zueinander beginnen. Dennoch ist die klinische Untersuchung auch hier der erste Schritt in der Evaluation des Patienten. Zur Klassifikation wird üblicherweise die New York Heart Association-Klassifikation (Tabelle 2) herangezogen, die einerseits sehr gut mit der Pumpleistung und andererseits sehr gut mit dem Outcome korreliert. Die Inspektion kann dem Kliniker bereits gestaute Halsvenen, Jugularispulse und Ödeme offenbaren, die auf ein Rückwärtsversagen hindeuten. Die Auskultation von Cor und Pulmo ergibt unter Umständen weitere wertvolle Hinweise im Sinne eines protodiastolischen Gallops als Zeichen der Herzinsuffizienz und feuchter Rasselgeräusche als Zeichen eines möglicherweise kardialen Lungenödems. [3,4,7]

Die weitere Basis-Diagnostik besteht aus einem 12-Kanal EKG eventuell mit rechts-erweiterten Ableitungen, wenn es Hinweise auf ein Rechtsherzversagen gibt. Die laborchemischen Untersuchungen umfassen BGA, Blutbild, CK, CK-MB, Troponin, BNP-Spiegel, Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Glukose, Leberenzyme und die globalen Parameter der Gerinnung.

NYHA-Klassifikation Symptome
I Patienten mit Herzinsuffizienz ohne klinische Symptome und ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit
II Keine Beschwerden in Ruhe, jedoch unter üblicher Belastung
III Geringfügige Symptome in Ruhe, Leistungsfähigkeit bei Belastung stark eingeschränkt; Symptome der Herzinsuffizienz sind bereits bei leichter Belastung nachweisbar
IV Symptome in Ruhe

Tab. 2: Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association

Zum hämodynamischen Monitoring eines Patienten im ALCOS gehört unbedingt eine blutige, arterielle Blutdruckmessung und ein zentralvenöser Katheter, der die kontinuierliche Messung des ZVD und die Abnahme zentralvenöser Blutgasanalysen zulässt. Daneben ist ein Blasenkatheter obligatorisch. Acute Low Cardiac Output Syndrome - ALCOS in der Intensivmedizin
Die beste Indikation für eine Echokardiographie ist die plötzlich auftretende hämodynamische Instabilität. Dabei wird der wache Patient zunächst transthorakal untersucht, während der intubierte Patient häufig primär einer transösophagealen Echokardiographie (TEE) unterzogen wird. Diese Untersuchung kann beim Patienten im schweren Schock auch ganz am Anfang der diagnostischen Kette stehen, weil sich aus dem Echokardiogramm wegweisende Diagnosen ergeben, wie zum Beispiel eine mechanische Ursache für das ALCOS, eine regionale und/oder globale Kontraktilitätsstörung oder ein RV-Versagen. Die Echokardiographie erlaubt aber zusätzlich auch die quantitative Bestimmung der Vorlast durch die Messung des enddiastolischen Ventrikelvolumens, was der Bestimmung des pulmonalkapillären Verschlussdrucks mittels eines Pulmonaleiskatheters überlegen ist. Auch die weiteren Determinanten der systolischen LV-Funktion (Kontraktilität, Afterload) lassen sich messen.[8]

Symptom Parameter diagnostische Modalität
Pumpversagen Cardiac index < 2.2 L/min/m2 TEE, PAK
Nachlasterhöhung cirkumferenter oder meridionaler Wandstress, Surrogat: SVR > 1000 dyn*sec*cm-5 TEE, PAK
Tachykardie HF>100/min CV-Monitoring
Oligurie Diurese < 0.5 ml/kg/h Blasenkatheter
Azidose arterieller pH< 7.35 Blutgasanalyse
Herzinsuffizienz NYHA-Klassifkation IV klinische Untersuchung
Zentralisation Zyanose, kalte Akren klinische Untersuchung

Tab. 3.: Definition des ALCOS

Für das hämodynamische Monitoring kann jedoch auch ein Pulmonalarterienkatheter (PAK) eingesetzt werden, der eine technisch einfachere Möglichkeit bietet, das HZV des Patienten zu bestimmen, der TEE aber aufgrund der reinen Druckmessungen und der fehlenden regionalen Auflösung der myokardialen Funktion unterlegen ist. In der Hand des ungeübten Untersuchers ist die Diagnostik des ALCOS mit dem PAK sicher eine gute Alternative zum TEE für die definitive Diagnosestellung und Therapieüberwachung. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Einsatz eines PAK und die Interpretation der erhobenen Daten ebenfalls entsprechendes Training voraussetzen.[7] Der Einsatz des PAK in der Intensivmedizin geht durch den fehlenden Effekt seines Einsatzes auf Mortalität und Morbidität in der Intensivmedizin dramatisch zurück.

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